Samstag, 19. April 2014

Jesus lebt. Wahrhaftig! Und wir mit ihm. Wahrhaftig. Halleluja! “


Zum Osterfest, 20.04.2014

Hochfest der Auferstehung des Herrn


 
„Der Herr ist auferstanden.“ „Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja“

Mit dieser Formel grüßten sich die Christen der ersten Jahrhunderte zum Osterfest. Wahrhaftig, Jesus von Nazareth, der Galiläer, der am Kreuz starb und ins Grab gelegt wurde ist nicht mehr dort. Das Grab ist leer. Der Tod konnte ihn nicht festhalten. Wer es fassen kann, der fasse es!

Was das heißt, das brauche ich nicht weiter zu beschreiben. Die Aussage aus der Predigt von Pfarrer Gehrke vorhin in der Osternacht trifft es wunderbar: Die Kreuzeswunden Jesu sind nun verwandelt. Und so verhält es sich mit den unseren.

Das Los derer, die an Christus glauben ist: nicht Tod, sondern das Leben und zwar Leben in der Fülle Jesu.

Genug der Worte. Feiern wir das einfach. Morgen feiern wir schon weiter, und zwar fünfzig Tage lang bis Pfingsten.
Vielleicht nur so viel: Das, was wir in den vergangenen Wochen betrachtet haben von Aschermittwoch an ist nun vollkommen betrachtet, denn nur in der Perspektive dessen, was in der Osternacht Realität geworden ist, erschließt sich das Ganze!

Nochmal: Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. HALLELUJA.

Das Kreuz war noch am Karfreitag das schändlichste Hinrichtungsinstrument. Nun ist es für uns Zeichen unserer Hoffnung auf das Leben!

„Wo bist du, Gott? “


Zum Karsamstag, 19.04.2014

Der Tag der Grabesruhe des Herrn

 
Kennt ihr das? Da ist nichts. Da ist die Leere, da fühle ich nichts, da sehe ich nichts, da kann ich nichts finden…Kennst du das? Ich kenne das. Ich sitze in der Kirche (beim Gottesdienst oder nur so) oder zu hause oder sonst wo, und will beten, will bei Gott sein…Und da ist nichts…

Liebe Freunde, dieses Gefühl kann einen schon verrückt machen. So ist der Karsamstag auch akzentuiert. Es ist der Tag der Grabesruhe des Herrn. Da ist nichts außer dem Tod. Jesus Christus, dessen Leiden und Sterben am Kreuz wir gestern gefeiert haben, ist wirklich gestorben. Wie es, so haben wir ja gestern bei der Grabwache der Jugend meditiert, im Glaubensbekenntnis heißt, er ist gekreuzigt, gestorben, begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes…der Sohn Gottes liegt tot im Grab. In vielen Kirchen gibt es Grabesfiguren. Der Altar ist nicht gedeckt oder geschmückt, der Tabernakel steht leer, nicht einmal Gottesdienste werden heute gefeiert…Es gibt einzig und allein das Verharren und Beten am Grabe Jesu.

Der Karsamstag steht sinnbildlich für das, was oben formuliert wurde…Für das Nichts. Die Jünger müssen ebenso gefühlt haben. Der Meister, der sie alles gelehrt hatte starb den Tod eines Verbrechers, in den eigenen Reihen hat sich im Angesicht des Prozesses Jesu Verrat (Judas) und Verleugnung (Petrus) ereignet. Scheinbar war alles umsonst, was ist nun?
In dieses Gefühl treten wir oft ein…Meine Zugehörigkeit zur Kirche, mein Getauft sein auf Jesu Namen…alles für die Katze. Es bringt nichts. In meinem Leben geht vielleicht trotzdem alles schief…Menschen sterben und leiden, Freundschaften und Beziehungen zerbrechen, meine Vorstellungen und Wünsche lassen sich nicht verwirklichen usw. Jeder kennt das! Und was oder wer hilft mir da? Niemand, so fühlen wir oft. Gott wo bist du? Warum tust du nichts? Warum zeigst du dich nicht?

Der Karsamstag hält dafür keine Antworten bereit. Was aber den Karsamstag so wichtig macht ist die Tatsache, dass dieses Sein und Aushalten in der Finsternis und Gottverlassenheit sogar den Sohn Gottes, Jesus, umfasst. Und wir wissen, heute Nacht/morgen früh kommt Ostern. Für die Jünger war da das leere Grab und für uns die Gewissheit, dass durch die Dunkelheit unseres Lebens Licht hervortreten kann. Wenn das Leben und der Glaube dunkel sind, dann können wir an den Karsamstag denken, der Tag, der Übergang wurde vom Dunkel des Karfreitags hin zum Licht des Ostermorgens. Nichts mehr, aber eben auch nicht weniger!

Freitag, 18. April 2014

„Im Angesicht von Jesu Kreuz…wer bin ich davor?“


Zum Karfreitag, 18.04.2014

Das Leiden und Sterben Jesu


Liebe Freunde, der Karfreitag ist kein Feiertag wie jeder andere. Es findet keine Eucharistiefeier statt (die Kommunion, welche wir in der Liturgie empfangen, ist noch vom Gründonnerstag), keine instrumentale Musik erklingt, keine Glocken läuten, keinen Blumenschmuck gibt es. Wenn ein lieber, ein geliebter Mensch stirbt fühlen wir irgendwie so, wie dieser Tag ist, wir fühlen uns leer, kaum freudevoll, nach feiern ist uns schon gar nicht zumute.

Aber doch feiern wir den Karfreitag, aber auf eine spezielle Weise. Auch dieser Tag ist von Dankbarkeit geprägt. Dankbarkeit gegenüber jemandem, der unschuldig war, der ohne Sünde war, der die Seinen, die in der Welt waren und sind(!) bis zum Ende liebt (vgl. Joh 13,1) und sogar bereit ist für sie zu sterben. Und wir danken Gott dem Vater, dass er es mit der Welt, seiner Schöpfung, so ernst meint, dass er seinen einzigen Sohn ans Kreuz gehen lässt.

Es bleibt freilich so, der Sinn des Karfreitags erschließt sich voll und ganz nur im Licht des Ostermorgens, wenn das Grab, in welches Jesus gelegt wird, leer ist. Aber der Weg zum Leben, das von Ostern her kommt geht über das Kreuz.

Heute betrachten wir dankbar, mit Würde und Ernsthaftigkeit das Leiden und Sterben Jesu. Hören wir bei der Passion heute aufmerksam und ganz genau hin. Papst Franziskus hat am vergangenen Palmsonntag, als wir schon einmal die Passion gehört hatten, eine Meditation gehalten, die uns auch heute gut tut:

„Wer bin ich vor dem leidenden Jesus?

Wir haben viele Namen gehört – viele Namen. Die Gruppe der führenden Persönlichkeiten, (…), die entschieden hatten, ihn zu töten. Sie warteten auf die Gelegenheit, ihn zu fassen. Bin ich wie einer von ihnen?
(...)
Weitere Namen haben wir gehört: die Jünger, die nichts verstanden, die einschliefen, während der Herr litt. Ist mein Leben eingeschlafen?

Oder bin ich wie die Jünger, die nicht begriffen, was es bedeutet, Jesus zu verraten; wie jener andere Jünger, der alles durch das Schwert lösen wollte: Bin ich wie sie?

Bin ich wie Judas, der Liebe heuchelt und den Meister küsst, um ihn auszuliefern, ihn zu verraten? Bin ich – ein Verräter?

Bin ich wie jene Vorsteher, die in Eile zu Gericht sitzen und falsche Zeugen suchen: Bin ich wie sie? Und wenn ich so etwas tue – falls ich es tue –, glaube ich, dass ich damit das Volk rette?

Bin ich wie Pilatus? Wenn ich sehe, dass die Situation schwierig ist, wasche ich mir dann die Hände, weiß ich dann meine Verantwortung nicht zu übernehmen und lasse Menschen verurteilen oder verurteile sie selber?

Bin ich wie jene Menschenmenge, die nicht genau wusste, ob sie sich in einer religiösen Versammlung, in einem Gericht oder in einem Zirkus befand, und Barabbas wählt? Für sie ist es gleich: Es war unterhaltsamer, Jesus zu demütigen.

Bin ich wie die Soldaten, die den Herrn schlagen, ihn bespucken, ihn beleidigen, sich mit der Demütigung des Herrn amüsieren?

Bin ich wie Simon von Zyrene, der müde von der Arbeit kam, aber den guten Willen hatte, dem Herrn zu helfen, das Kreuz zu tragen?

Bin ich wie die, welche am Kreuz vorbeikamen und sich über Jesus lustig machten: „Er war doch so mutig! Er steige vom Kreuz herab, dann werden wir ihm glauben!“ Sich über Jesus lustig machen…

Bin ich wie jene mutigen Frauen und wie die Mutter Jesu, die dort waren und schweigend litten?

Bin ich wie Josef (von Arimathäa), der heimliche Jünger, der den Leib Jesu liebevoll trägt, um ihn zu begraben?

Bin ich wie die beiden Marien, die am Eingang des Grabes verharren, weinend und betend?

Bin ich wie diese Anführer, die am folgenden Tag zu Pilatus gehen, um zu sagen: „Schau, der hat gesagt, er werde auferstehen. Dass nur nicht noch ein Betrug geschieht!“; und die das Leben blockieren, das Grab zusperren, um die Lehre zu verteidigen, damit das Leben nicht herauskommt?

Wo ist mein Herz? Welchem dieser Menschen gleiche ich?“
(http://w2.vatican.va/content/francesco/de/homilies/2014/documents/papa-francesco_20140413_omelia-palme.html)

Liebe Freunde, ich sage es ehrlich, ich finde mich selbst bei ein bis zwei Punkten wieder. Als Theologe hat mir der letzte Satz der Betrachtung von Papst Franziskus einen Stich versetzt und mich nachdenklich gemacht…“ die das Leben blockieren, das Grab zusperren, um die Lehre zu verteidigen, damit das Leben nicht herauskommt?“. Lasst uns den Karfreitag zum Anlass nehmen, neu darüber zu meditieren, was das Kreuz Jesu in unserem Leben ist. Ob beim Gottesdienst, im stillen Gebet vor dem Heiligen Grab oder auch beim Film heute Abend!

Donnerstag, 17. April 2014

„Er liebt uns bis zur Vollendung…Was ist die Eucharistie für dich?“


Zum Gründonnerstag, 17.04.2014

Einsetzung der heiligsten Eucharistie


Nun sind wir im Triduum sacrum – den heiligen drei Tagen vom Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu angelangt. Der Höhepunkt des Kirchenjahres ist erreicht, das Zentrum unseres christlichen Lebens. Diese drei Tage – Gründonnerstag, Karfreitag und die Osternacht – sind rein liturgisch betrachtet eine Einheit. Vom heute an bis zum Ende der Osternacht ist es ein einziger Gottesdienst, der gefeiert wird, weil alles ein einziges Geschehen ist (das merkt man übrigens daran, dass der Pfarrer heute nur den üblichen Eröffnungsruf „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes“ spricht und erst am Ende der Osternacht den Entlassungsruf „Gehet hin in Frieden“ der Gemeine zuruft). In den kommenden Tagen bis zum Ostermorgen hält die Kirche gleichsam ununterbrochen Andacht und Gebet.
Freilich, das Leben, der Alltag geht zwischen den Gottesdienstzeiten weiter. Aber es gilt diese Grundhaltung so gut es eben geht mit einzunehmen.

Der Gründonnerstag stellt uns mehrere große Bilder vor Augen, die allesamt der intensiveren Betrachtung lohnen. Da ist das Bild der Fußwaschung, die Jesus vor dem letzten Mahl an seinen Jüngern vollzieht. Da ist das letzte Abendmahl Jesu und damit verbunden die Einsetzung der Eucharistie, deren Glanz heute alles überstrahlt. Da ist das Beten am Ölberg, in der Nacht, mitten in der Todesangst. Da ist die Bitte des Menschen Jesu, dass dieser Kelch an ihm vorübergehen möge. Da ist der Verrat des Judas an Jesus, der Beschluss des Todes Jesu und dessen Festnahme.

Vor allem aber ist es die Einsetzung der Eucharistie, die heute heraussticht. In der Eucharistie fließt all das zusammen, was wir in den kommenden Tagen und Wochen feiern. Da ist das letzte Mahl mit seinen Jüngern. Da ist sein Leiden. Da ist sein Sterben am Kreuz. Dem voraus gehen freilich die Bereitschaft und die Liebe, dass ER überhaupt ans Kreuz geht. Da ist das Beten mit dem Vater: „Nicht mein Wille, sondern DEIN Wille geschehe“ (vgl. Mt 26,39f.). Da ist die Auferstehung von den Toten. Da ist das Gebot des Herrn, so zu lieben, wie er uns liebt. Da ist die Aufforderung, hinaus zu gehen und IHN der Welt zu verkünden. Und da ist auch das, was wir heute am Gründonnerstag begehen, nämlich die Fußwaschung, wieder und wieder die Liebe zu den Seinen bis zum Ende (vgl. Joh 13,1). All das ist die Eucharistie. Christus lässt uns nicht allein, er bleibt bei uns, auch in der sichtbaren Gestalt von Brot und Wein. Die Kirche lebt aus der Eucharistie heraus. Jeden Tag, besonders aber am Sonntag feiern wir Eucharistie. Eucharistie heißt Danksagung. In der Danksagung, in der dankbaren Vergegenwärtigung dessen, was Christus getan hat und tut, begegnen wir dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn. Das Brot und der Wein, welche wir in der Heiligen Messe empfangen sind nicht nur Symbole. Es ist der Herr selbst!
Wir alle, die wir in Kommunion mit Christus stehen müssen uns am heutigen Gründonnerstag wieder fragen: Was ist die Eucharistie für mich?

Ist der Empfang des Leibes und Blutes Christi wirklich die Begegnung mit Christus selbst?
Glaube ich, dass dort Christus selbst gegenwärtig ist? Glaube ich das?
Und weiter muss ich mich fragen, was es bedeutet, dass ich als Katholik in dieser Weise mit Christus verbunden bin.
Hat der Empfang der Eucharistie für mich Folgen? Gehe ich nur aus Gewohnheit ab und an mal zur Eucharistie? Bin ich dabei gedankenlos? Bedeutet mir das überhaupt was? Nochmal, glaube ich wirklich, dass hier Christus gegenwärtig ist?
Und weiter, lasse ich Christus wirklich in mein Herz hinein? Oder schließe ich ihn eigentlich von vornherein schon aus? Hat das für mich Folgen? Bin ich zum Beispiel bereit, mir von Christus im übertragenen Sinne die Füße waschen zu lassen, das heißt konkret, traue ich es dem Herrn zu, dass er meine Schwächen, Fehler, Sünden von mir wegnehmen kann? Verstehst du jetzt, warum der Empfang der Eucharistie immer auch in Verbindung mit der Beichte steht?
Und weiter…Bin ich, weil Christus mich so liebt und in mir sein will, bereit, auch in dieser Liebe zu bleiben? Bin ich bereit, anderen die Füße zu waschen. Brauchst du eine Anregung, wie das konkret geht? Ich sage nur: Papst Franziskus!

Liebe Freunde, das alles, was ich jetzt hier schreibe sind vielleicht unangenehme Fragen, denen wir uns (ohne Ausnahme), die wir zur Eucharistie gehen dürfen, stellen müssen. Es geht nicht um Anklage, sondern um das Erforschen unseres Gewissens. Die Sache mit der Eucharistie ist zu wichtig, zu ernst, als dass sie Mittelmäßigkeit duldet.

Papst Benedikt XVI. hat in einer Kreuzweg-Meditation einen eindrücklichen Text verfasst:
„Müssen wir nicht auch daran denken, wie viel Christus in seiner Kirche selbst erleiden muß? Wie oft wird das heilige Sakrament seiner Gegenwart mißbraucht, in welche Leere und Bosheit des Herzens tritt er da oft hinein? Wie oft feiern wir nur uns selbst und nehmen ihn gar nicht wahr?“
(Kreuzweg am Kolosseum in Rom, 2005. Betrachtung über den dritten Fall Jesu unter dem Kreuz)

Liebe Freunde, auch dies sind harte Worte. Aber horchen wir ruhig mal in uns rein. Verweilen wir heute mit Jesus im Abendmahlssaal, verweilen wir mit ihm am Ölberg. Gehen wir morgen seinen Kreuzweg mit…Ostern ist es auch dann wirklich, wenn wir wissen, wen wir in der Eucharistie empfangen.

Sieger Köder: "Das ist mein Leib"

Montag, 14. April 2014

„Gesalbt zum Priester, Propheten und König!“


Zur Weihe der Heiligen Öle, 14.04.2014

Montag der Karwoche


Liebe Schwestern und Brüder (diese „förmliche“ Anrede erklärt sich hoffentlich gleich…), was könnte Öl mit der Karwoche zu tun haben?
Man muss (leider) ein Insider sein, um diese Verbindung herzustellen, die aber immanent wichtig ist. Deshalb gibt es den heutigen Beitrag zu einem Gottesdienst, den wahrscheinlich kaum jemand von Euch jemals mitgefeiert hat. Der Grund liegt darin, weil diese Messe nur einmal im Jahr in nur einer Kirche eines jeden Bistums gefeiert wird. Ich spreche von der Missa chrismatis oder zu Deutsch: der Ölweihmesse. Was es damit auf sich hat, will ich gerne etwas näher betrachten.

An und für sich findet diese Messe am Vormittag des Gründonnerstags statt, kann und wird jedoch meistens auf einen anderen Tag der Karwoche verlegt, um möglichst vielen Priestern die Teilnahme an dieser Messe besser zu ermöglichen. Die Ölweihmesse findet in aller Regel immer in der Kathedrale eines Bistums statt und wird vom Diözesanbischof in Gemeinschaft mit den Priestern eines Bistums gefeiert. Der Klerus nutzt diesen Tag meist zu einem Besinnungs- und Begegnungstag. Bei uns in Dresden-Meißen feiert Bischof Koch diese Messe am Montag der Karwoche.
In der Ölweihmesse werden, wie der Name schon sagt, die Heiligen Öle geweiht, welche im Laufe des Kirchenjahres für die Spendung der Sakramente und Sakramentalien verwendet werden. Geweiht wird zum einen das Öl für die Krankensalbung, das Katechumenen-Öl (mit diesem sind alle Getauften vor ihrer Taufe gesalbt worden) und der heilige Chrisam geweiht. Insbesondere der Chrisam (Öl, dem ein Balsam beigemischt wird) hat für das Leben der Kirche eine hohe Bedeutung. Mit dem Chrisam werden wir bei der Taufe zum ersten Mal gesalbt, ein zweites Mal bei unserer Firmung. Wenn jemand zum Priester oder Bischof geweiht wird, erhält er ebenfalls eine Salbung mit dem Chrisam. Und auch der Altar und die Wände von Kirchen werden (wie wir in Crimmitschau ja 2013 erleben konnten) mit diesem kostbaren Öl gesalbt. Also: der Chrisam taucht an sehr prägenden Punkten unseres Lebens immer auf, obwohl wir dieses Zeichen oft nicht so recht wahrnehmen.
Deshalb ist es meine ich durchaus angebracht am heutigen Tag, da diese Öle für unser Bistum ne geweiht werden einmal auf dieses Zeichen der Salbung, die wir alle empfangen haben und sicher noch werden, zu schauen.

Da ist zunächst dieses Zeichen der Salbung. Was bedeutet das konkret? Wenn wir in die Bibel schauen, dann erfahren wir, dass die Salbung mit Öl im Alten Testament schon im Buch Exodus (Ex 30, 22-32) als sakrales Mittel zur Salbung von Propheten und Priestern verwendet wurde. Besonders hervorheben will ich Psalm 133,2: „Das ist wie köstliches Salböl, das vom Kopf hinabfließt auf den Bart, auf Aarons Bart, das auf sein Gewand hinabfließt“. Im Hebräischen, der Sprache des Alten Testamentes wird der Begriff „Messias“ (messiach) für verschiedene Personen und Gegenstände gebraucht (etwa auch die Bundeslade…), besonders aber für Priester, wie Aaron und seine Söhne, für Propheten, etwa wie Samuel, oder auch für Könige. Davon wiederum erfahren wir im ersten Buch Samuel zum ersten Mal. Der Prophet Samuel salbt Saul zum König von Israel (1Sam 10,1), und diese Salbung wird dann konstitutiv für dessen Nachfolger David und Salomo. Der König wird so zum einen sicher herausgehoben, göttlich legitimiert, aber er wird auch gleichzeitig ermahnt und weiterverwiesen darauf, dass seine Macht, seine Befugnisse von Gott her kommen. Die Bezeichnung messiach meint übersetzt soviel wie „Gesalbter“. Und in der endzeitlichen Erwartung Israels floss alle Hoffnung auf einen Messias zu, der Israel befreien und erretten sollte. Für uns Christen ist dieser Messias Jesus Christus, eben der Gesalbte Gottes, der Messias, der am Ende der Zeiten wiederkommen und die Welt wandeln wird. Das Wort Christus ist die ins griechische und später lateinische übersetze Form des Wortes messiach, „der Gesalbte“.

Wir sehen also, das Öl ist ein Zeichen einer göttlichen Macht, eines berührt werden dem Göttlichen. Wenn wir den Namen Christen tragen, dann heißt das auch, dass wir Gesalbte sind. Wie oben erwähnt, noch bevor wir getauft werden, erhalten wir die erste Salbung mit dem Katechumenen-Öl, bevor dann zu Taufe und Firmung jeweils die Salbung mit dem Chrisam erfolgt. Wir sind auf den Namen (und damit auf den Tod und Auferstehen) Jesu getauft, aber korrekter müsste man eigentlich sagen: wir sind getauft und gesalbt auf Jesu Namen, denn als Christ bin ich ein Gesalbter! Und, wozu wurde man im Alten Testament gesalbt? Zum Priester, zum Prophet und zum König. Diese Sicht hat die Kirche beibehalten. Und dazu bin ich, bist du gesalbt. Was heißt das wiederum?

Gesalbt zum Priester: Tatsächlich sind wir alle, ohne Ausnahme, als Getaufte zum Priester gesalbt. Freilich gibt es zwei verschiedene Ausprägungen des Priestertums, dass allgemeine Priestertum aller Getauften und das geweihte, dienende Priestertum, welche der geweihte Priester ausübt. Der Priester hat die Aufgabe, den Religionsdienst zu leisten, Gott geistige Opfer darzubringen und als Mittler zwischen Gott und Menschen zu fungieren. Der geweihte Priester tut dies besonders durch die Spendung der Sakramente, der tiefsten Zeichen Gottes Handeln an uns. Deshalb ist es gut, dass die Priester gemeinsam mit dem Bischof diese Ölweihmesse feiern, denn gemeinsame Aufgabe des Bischofs und der Priester ist die Verkündigung und die Spendung der Sakramente. Aber auch wir alle sind Priester. Das Zweite Vatikanische Konzil sagt uns: „Durch die Wiedergeburt und die Salbung mit dem Heiligen Geist werden die Getauften zu (…) einem heiligen Priestertum geweiht, damit sie in allen Werken eines christlichen Menschen geistige Opfer darbringen und die Machttaten dessen verkünden, der sie aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat (vgl. 1 Petr 2,4–10).“ Das Lob Gottes und ein Leben mit Gott sind also priesterliche Aufgaben, zu denen wir gesalbt sind.

Gesalbt zum Propheten: Ein Prophet verkündet Gottes Wort und Wille, weil er durch Gott selbst dazu berufen ist. Was brauche ich da noch dazu sagen? Gerade das ist unser ureigenes Christ-Sein, nämlich Prophet sein. Die Kirche als Gemeinschaft der Getauften soll eine Gemeinschaft der Propheten sein. Durch unser Leben, durch unser Reden, durch unser Engagement, durch unseren Umgang miteinander sollen wir Zeugen und Verkünder Gottes sein. Mit der Salbung mit Chrisam befähigt und beauftragt Gott uns dazu.

Gesalbt zum König: Als Getaufte auf Jesu Namen sind wir mit Jesus Priester, Prophet und auch König. Gestern am Palmsonntag haben wir einen König bei seinem Einzug in Jerusalem begleitet und ihn dann am Kreuz Sterben sehen. In der Überwindung des Todes besteht Jesu Königtum. Alle Macht, aller Einfluss politischer oder gesellschaftlicher Art ist relativ. Der einzige wirkliche Herrscher ist Christus, weil er der einzige ist, der den Tod überwunden hat. Und Jesu Autorität erweist sich nicht in Gewalt, Unterdrückung oder Militärpräsenz, sondern viel mehr in Wahrheit und Liebe. Wenn wir zu Königen gesalbt sind, dann sind wir keine Herrscher im Sinne der Welt, sondern haben Anteil an der Wahrheit und der Liebe, die Jesus selbst ist.

Es ist heute ein ziemlich langer und theologischer Beitrag gewesen. Mir erscheint es aber wichtig, dass dies mal Thema war. Machen wir uns einfach mal neu bewusst, dass wir getauft und gesalbt sind zu Priestern, Propheten und Königen. Und heute dürfen wir durchaus auch mal ein Gebet für unsere Priester einlegen. Sie sind geweiht um uns bei unserer Berufung als Gesalbte zu helfen, und wir sind dazu berufen, ihnen bei ihrem Dienst zu helfen.
Ich finde: Gut so!

 

Zur Ölweihmesse werden drei Öle geweiht: Der heilige Chrisam, das Katechumenen-Öl und das Öl für die Krankensalbung. Diese werden an die Gemeinden des ganzen Bistums verteilt. Diese Ölgefäße habe ich bei der letzten Ölweihmesse im Erfurter Dom fotografiert.

Samstag, 12. April 2014

„Hosanna“ und „Kreuzige ihn“…Der Triumph liegt im Tod!


Zum Palmsonntag, 13.04.2014

Beginn der Heiligen Woche


Der Palmsonntag ist ein sehr spezieller, eigenartiger Tag. Er ist liturgisch von zwei sich auf den ersten Blick entgegenstehenden Punkten gekennzeichnet: da ist am Anfang der feierliche Einzug Jesu in der heiligen Stadt Jerusalem, ein wirklicher Triumphzug. Die Menge huldigt dem König, ihrem ersehnten Messias und ruft ihm zu „Hosanna dem Sohne Davids“! (Der Ruf „Hosanna“ heißt übersetzt so viel wie „Hilf doch, Herr!“). Und schon hier in diesem feierlichen Einzug ist das erste Paradox, denn Jesus reitet nicht in triumphalistischer Manier ein, sondern zieht auf einem Esel, und noch dazu auf einem so nebenbei hergeschafften Tier, in Jerusalem ein. Und dann hören wir im Gottesdienst neben dem Einzug Jesu in Jerusalem ein weiteres Evangelium. Die Passion Jesu, das Leiden und Sterben. Der Ruf schwingt vom fröhlichen „Hosanna“ um in das aggressive „Kreuzige ihn!“. Gegensätzlicher geht es kaum.

Aber, zum einen weiß die Kirche natürlich, warum sie das so hält. Der einzige Triumph, der am Ende der Karwoche steht ist der Triumph über den Tod, und den erringt uns Jesus durch sein Leiden und Sterben. Für mich steht diese eigenartige Liturgie aber sinnbildlich für etwas sehr aktuelles, bezogen auf unsere Kirche. Genauer gesagt kommen mir hier zwei Herausforderungen für uns in den Sinn, die wir vielleicht mit in die Karwoche nehmen können.

Der erste Gedanke: Zu unserer Überzeugung stehen. Damit meine ich unseren Glauben. Interessant ist es ja, dass das Volk von Jerusalem Jesus wie einen König, als den erhofften Retter begrüßt, ihm Palmen streut und ihm Jubelrufe zuruft. Und wer ist es denn, der dann später in der Passion schreit „Ans Kreuz mit ihm!“ „Kreuzige ihn!“? Es sind nicht irgendwelche neuen Akteure im Geschehen, es ist dasselbe Volk, welches Jesus gerade noch Jubelrufe zugerufen hat. So kann die Stimmung umschlagen. Vom Jubel in den Tod. Krass, oder? Mich persönlich wundert es gerade angesichts dieser Feststellung immer wieder, was für ein festgefahrenes Muster das im menschlichen Denken und Handeln ist. Heute top, morgen Flop, eben hui, nun pfui…Wer heute in unserer Gesellschaft up to date ist, kann bereits morgen das Gespött der Menschen sein…Erleben wir das nicht in der großen Politik und Gesellschaft, und auch in unserem Alltag. Verfallen wir nicht selbst oft in solche Muster? Und wenn wir ehrlich sind, geht es uns nicht auch mit unserem Glauben, unserem Bekenntnis zu Christus so? Hängen wir nicht in vielen kleinen Situationen unsere Fahne nach dem günstigsten Wind auf? Wenn Christ-Sein in der Meinung der Mehrheit uncool ist, mit Spinnern und Fundamentalismus zu tun hat…da braucht es Mut sich als Christ zu bekennen und eben „anders“ zu sein. Zugespitzt formuliert: in der geschützten Bastion der Kirche Christus zu jubeln und zu huldigen, dass fällt uns natürlich leicht. Aber außerhalb, im rauen Wind der Öffentlichkeit zu Christus zu stehen, das verlangt uns viel ab, und wir drohen oft dabei zu scheitern und uns lieber wegzudrückend. Mit dem konfrontiert mich der Palmsonntag und die ganze Karwoche. Aber es ist eine echte Chance. Zum Beispiel auch, wenn wir am Gründonnerstag nicht Party machen gehen, sondern mit Jesus im Abendmahlsaal sitzen und im Ölberg verweilen und beten. Oder wenn wir den Karfreitag nicht nur als passenden freien Tag verstehen, sondern als Leidens- und Sterbetag Jesu feiern und da bewusst auch strenges Fasten halten. Probiert es bewusster als sonst mal aus!

Der zweite Gedanke: Der Triumphhaltung wiederstehen. Jesus reitet auf einem Esel ein. Ein Esel ist nun kein typisches Tier für einen König, es ist kein Prachttier, auch kein Ross mit dem man in den Krieg ziehen kann (dazu ist dieses Tier viel zu störrisch). Was ist das für ein König, der auf einem Esel reitet? Jesus gibt die Antwort in der Passion: „Mein Königreich ist nicht von dieser Welt“ (vgl. Joh 18,36). Es geht nicht um irdisches Herrschen, es geht um mehr, und deshalb um nichts, was mit einem gewöhnlichen König zu tun hat. Der Tod Jesu am Kreuz gibt uns das Leben, nicht irgendeine politische oder gesellschaftliche Macht. Der einzige Triumph den wir am Ende der Karwoche haben ist der Triumph über den Tod! Und das ist alles. Es ist wirklich alles! Aber das hat nichts mit dem Triumph zu tun, den wir hier kennen, das ist ganz etwas anderes. Es steht uns deshalb gut an, in Bescheidenheit diesen Triumph zu feiern. Natürlich: selbstbewusst, wir haben keinen Grund uns zu verstecken, aber ohne jegliche Gefühle einer triumphierenden Überlegenheit gegenüber „den Anderen“. Das ist es nicht, worum es Jesus ging. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich erneut wiederhole und es zunehmend schmalzig klingt. Jesu Opfer am Kreuz ist Ausweis seiner Macht und diese Macht, welche den Tod überwindet ist Liebe. Jesu Liebe zu dir, zu mir, zu jedem von uns und allen Menschen! Wir sind durch die Liebe Jesu erlöst und nicht durch Gewalt und politischen Einfluss. Und so müssen wir auch diesen Triumph Jesu über den Tod begehen: in selbstbewusster, offener Demut, welche von Jesu Liebe zu den Menschen zeugt.

Mir scheint gerade angesichts der schlimmen Erfahrungen für die Kirche in den letzten Jahren (Missbrauchsskandal, Limburg usw.), dass diese Einsicht mehr als Not tut. Die Kirche ist kein Selbstzweck um gesellschaftlichen Einfluss geltend zu machen. Die Kirche ist dazu da, von der Liebe Jesu zu sprechen und diese Botschaft vernehmbar zu verkünden (das dies die Gesellschaft positiv beeinflussen kann ist unbestritten und sicher positiv). Aber ein Erscheinungsbild, eine Sprache und Ausdrucksform, was als Relikt vergangener Epochen wahrgenommen wird ist da nun wirklich nicht angebracht.

Sich dieser Spannung zu stellen, dazu lädt uns dieser Palmsonntag ein.
Merkt ihr was? Es geht auf Ostern zu. Auf uns wartet eine volle und intensive Woche, ich freu mich drauf (ich hoffe gemeinsam mit Euch!).

 
P.S.: Dass diese Woche intensiv ist merkt ihr auch dran, dass nun öfter als gewohnt Beiträge kommen. Der nächste bereits morgen. Da kann man erfahren, was die Karwoche mit Öl zu tun hat ;-)

Giotto di Bondone Einzug Jesu in Jerusalem (Detail) Fresko in der                            Capella Scrovegni-Kapelle in Padua, ca.1304-1306

Samstag, 5. April 2014

„Ich bin die Auferstehung und das Leben! …Glaubst du das?“


Zum fünften Fastensonntag, 06.04.2014

Passionssonntag


 Liebe Freunde, heute ist Passionssonntag. Der fünfte Fastensonntag trägt traditionell diesen Namen. In unseren Kirchen gibt es die Tradition, dass Kreuze (besonders, wenn sie einen Auferstandenen zeigen) violett verhüllt werden. Wir fasten gewissermaßen „mit den Augen“ und lenken damit unseren Blick besonders auf das verhüllte Kreuz und wir sollen versuchen im Gebet und im Leben zu verstehen, was „darunter liegt“. Und auch Ton und Charakter der Liturgie, der Lesungstexte usw. werden jetzt sehr deutlich und ernst. Die Lage Jesu spitzt sich immer mehr zu, es geht eben wirklich mit großen Schritten auf die Ereignisse von Ostern zu.

Für den heutigen fünften Fastensonntag stellt uns die Kirche ein sehr eindrückliches Evangelium vor Augen, nämlich die Auferweckung des Lazarus (Joh 11, 1-45). Diese Szenerie ist eines von sieben Zeichen Jesu, welche uns Johannes in seinem Evangelium berichtet, und steht unmittelbar vor dem Beginn der Passion Jesu. Das ist eine wirklich heftige Sache, die uns da berichtet wird. Jesus weckt den Lazarus, seinen Freund von den Toten auf, obwohl er schon vier Tage im Grab liegt. Und noch dazu sprengt er die damals geltenden Vorstellungen vom Leben nach dem Tod. Die Auferstehung der Toten war für die Pharisäer als Hoffnung durchaus präsent, jedoch erst in ferner Zukunft am Ende aller Zeiten. So sieht es auch Martha, die an Jesus glaubt. Nun sagt aber Jesus „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ Das ist in diesem Kontext, in den hinein Jesus dies sagt mehr als revolutionär. Das Evangelium berichtet ja weiter, dass viele daraufhin zum Glauben an Jesus kamen. Für die Führenden und Mächtigen in Religion und Politik war damit freilich klar, dass dieser Jesus von Nazareth sterben muss.

Es sind starke Worte und es verlangt schon viel, um fest daran zu glauben, dass ich gerade im Tod das Leben finde, wenn ich an Christus glaube. In einem Gespräch mit einer jungen Frau vor einiger Zeit wurde ich von ihr mit einer Frage konfrontiert, die sich mir auch aus dem heutigen Evangelium heraus stellt. Wir kamen so ein wenig ins Erzählen über dies und jenes und eben auch über den christlichen Glauben an das ewige Leben. Und da fragte mich die Frau ganz unvermittelt: „Glaubst du das wirklich?“. Ich habe zwar sofort ganz bestimmt mit „Ja, selbstverständlich!“ geantwortet, aber im Nachgang hat mich diese Situation sehr beschäftigt. Und im  Evangelium von heute lesen wir, nach dem Jesus gesagt hat, dass er die Auferstehung sei usw., wie er Martha und auch mich fragt „Glaubst du das?“. Wieder stehe ich vor der Frage, wie es denn mit meinem Glauben an die Auferstehung ist. Ich komme nicht umhin, ich muss mir diese Frage stellen, ob ich es will oder nicht. Ich muss freilich nicht zittern, wenn ich mit dieser Frage, wenn sie auf mich zukommt, so meine Schwierigkeiten habe, die habe ich auch immer mal, das gehört dazu! Aber ausweichen darf und kann ich ihr nicht.

Ich möchte uns alle dazu einladen und uns ermutigen, uns dieser Frage Jesu zu stellen: Glaubst du, dass du durch MICH nach dem Tod eine Zukunft hast und das diese Zukunft schon jetzt losgeht? Glaubst du das? Glaube ich, oder besser: vertraue ich Jesus, dass er mit mir Großes vorhat, das über den Tod hinaus geht? Vielleicht führt diese Frage den einen oder anderen in eine Art Krise, weil das Antworten schwer fällt. Es ginge gar nicht, dass die Antwort uns leicht fallen würde. Und das Wort Krise heißt ja übersetzt so viel wie Entscheidungssituation. Und genau darum geht es ja letztlich. Im Großen ist es am Ende meines Lebens eine Entscheidung, ob ich darauf vertraue, daran glaube (ob ich Jesus glaube) oder eben nicht. Es liegt ja bei mir, und das ist großartig, oder? Christus überlässt es uns. Ist das nicht ein Zeichen dieser großen Liebe, die er zu uns hat? Ich will dein Heil, ich will das du ewig lebst, auch wenn es etwas von dir verlangt, aber du bist frei und souverän in deiner Entscheidung…

In den zwei Wochen bis Ostern geht es auch darum, mich zu fragen, was mir das alles bedeutet, dass Christus ans Kreuz geht und stirbt und von den Toten aufersteht, weil er das ewige Leben für uns will. Glaube ich wirklich bis ins Letzte daran? Darauf eine Antwort zu geben oder sie zu festigen, das könnte ein Projekt für die kommenden Tage sein (eigentlich fürs ganze Leben).

Samstag, 29. März 2014

Helfer unserer Freude, oder: Warum ich noch in der Kirche bin…?


Zum vierten Fastensonntag, 30.03.2014


Liebe Freunde!

Mensch, war das mal wieder eine Woche…für unsere Kirche, und damit auch für uns, denn Kirche sind wir alle zusammen auf der ganzen Welt. Katholisch heißt ja bekanntlich allumfassend, sie umschließt alles und jeden und deshalb betreffen uns die Ereignisse in der Kirche immer auch mit. Auch die weniger schönen Sachen, wie eben jetzt in Limburg.

Was hat das nun mit dem vierten Fastensonntag zu tun? Ich hoffe, dass meine Überlegungen nicht allzu abstrakt sind.
Der vierte Fastensonntag hat den lateinischen Namen Laetare, der sich vom Eingangsvers der Messfeier ableitet, der geht auf Deutsch: „Freue dich, Stadt Jerusalem! Seid fröhlich zusammen mit ihr, alle, die ihr traurig wart. Freut euch und trinkt euch satt an der Quelle göttlicher Tröstung“ (Jes 66, 10-11). Freue dich! Diese Aufforderung ruft uns die Liturgie am heutigen Sonntag zu. Mitten in der eher ernsteren Fastenzeit solch fröhliche Töne…das sagt uns zum einen, dass die Hälfte der Fastenzeit bereits vorüber ist und das Osterfest nicht mehr weit ist. Selbst in der Farbe des Messgewandes des Priesters kann heute statt dem dunklen violett ein helles Rosa verwendet werden, durch das Violett, die Bußfarbe, scheint schon das Weiß des Osterfestes hindurch (besonders populär ist das allerdings nicht bei vielen Priestern…J).
Das sind nun aber eher Nebensächlichkeiten. Heute geht es mir mal um etwas Grundsätzliches: darf, ja kann ich angesichts der Situation der Kirche derzeit mich überhaupt noch freuen Christ zu sein, und zur Kirche zu gehören?

Ich will sagen: JA, ich habe dazu allen Grund, gerade auch mit Blick auf die Schwierigkeiten und Schlechtigkeiten im Leben der Kirche.
Weshalb? Ganz einfach…Wenn ich mir die Entwicklungen innerhalb unserer Kirche in den letzten Jahren so anschaue und das mit meinen eigenen Erfahrungen zusammen sehe, dann komme ich irgendwie immer mehr zu der Überzeugung, dass ein anderer Blickwinkel auf die Kirche gelegt werden muss. Und das meint konkret:
- die Kirche hat eine feste, hierarchische Struktur, die ist wichtig und die braucht es auch. Ja.
- die Kirche ist angewiesen und verwiesen auf den Papst und die Bischöfe und das Lehramt, welches Papst und Bischöfe ausüben ist sehr wichtig. Ja.
- ebenso braucht es eine gewisse Ordnung im Bereich Liturgie, Disziplin und auch Morallehre. Ja.

ABER: Bevor ich zu all dem, was oben gesagt wurde Ja und Amen sage braucht es ein anderes Bewusstsein und das muss einem jeden von uns in Fleisch und Blut übergehen: Der Grund der Kirche, der Sinn der Kirche und der Herr der Kirche ist JESUS CHRISTUS. Auf ihn und meine Beziehung zu ihm kommt es an. Erst dann, danach kommt die Kirche. Machen wir uns das immer bewusst, wenn wir über unser Verhältnis zur Kirche nachdenken.
Dazu gehört freilich auch, dass Christus durchaus die Kirche gewollt hat. Aber die Stiftung der Kirche durch Christus ergeht an Petrus mit den Worten: „Weide meine Schafe!“ (vgl. Joh 21,15-19) und der Auferstandene sagt zu seinen Jüngern, dass sie in alle Welt gehen sollen, taufen sollen und den Menschen von seinen Taten und Worten erzählen sollen (vgl. Mt 28,18ff.). Dazu ist die Kirche da! Das Zweite Vatikanische Konzil hat von daher sehr treffend die Kirche als communio, als Gemeinschaft beschrieben, als Gemeinschaft der Getauften, die Gottes Volk ist und wie eine große Pilgerschar auf Christus zugeht. Christus ist der Grund auf dem wir stehen, er ist der Weg auf dem wir gehen und der ist das Ziel auf dass wir sehen. Diese prägnante Formel bringt es auf den Punkt.
Durch unsere Taufe und Firmung gehören wir zu Christus, in der Eucharistie treten wir mit Christus in Kommunion, wir sind mit unserem ganzen Sein in Verbindung mit IHM! Papst Benedikt XVI. sagte das mal so schön: „Es gibt nichts Schöneres als von Christus gefunden zu werden! Habt keine Angst. Öffnet IHM Eure Herzen!“

Natürlich verschließen wir damit nicht die Augen vor den Fehlern und Schwächen, den Sünden der Kirche, denn auch das ist die Realität. Der Herr der Kirche ist ohne Sünde, aber er ist Gott und Mensch. Er weiß, wie es so menschlich ist in seiner Kirche.
Bleiben wir dabei, Christus ist das Zentrum!
Jesu Botschaft und Handeln galt nicht den Reichen und Mächtigen – sicher gilt das Wort Gottes allen – sondern gerade den Sündern und Ausgestoßenen. Jesus sammelt alle, ausnahmslos, ohne Vorbedingungen. Und geht nicht der Herr ans Kreuz um unsere Sünden zu tilgen?
Deshalb müssen wir es aushalten können, dass die Sünde immer eine Realität in der Kirche bleiben wird, auch in der Leitung der Kirche. Wieder zwei Aspekte:
- die Kirche ist Gemeinschaft der Heiligen: der besser, der Geheiligten. Durch das Kreuzesopfer Jesu haben wir schon jetzt Anteil an dem, was in der Ewigkeit auf uns wartet…
- die Kirche ist Gemeinschaft der Sünder: wir alle sind Sünder, wie neigen zur Sünde und tun sie…wir bedürfen der Vergebung und wir bekommen sie geschenkt. Jesu will, dass wir frei werden von den Verstrickungen unserer Sünden, deshalb sammelt er uns in der Kirche! Die Taufe ist das ein für alle Mal gesprochene JA Gottes zu mir: Er sagt mir, ich nehme dich an, so wie du bist und ich lasse dich nicht mehr los, auch im Tod nicht. Ich habe noch etwas Großes mit dir vor…Und auch deine Sünde hat nicht das letzte Wort, wenn du es nicht willst…Gott will es auch nicht. Bekenntnis, Reue, Buße…mehr braucht es nicht. Wäre es nicht mal wieder an der Zeit für die Beichte? Es geht im Beichtstuhl nicht darum gequält, gedemütigt zu werden. Nein, der Beichtstuhl ist der Ort, wo mir Jesu Liebe, Gottes Barmherzigkeit begegnet. Probieren wir es doch vor Ostern mal wieder aus!

Die Kirche ist nicht die Gemeinschaft der Perfekten, sondern eine Gemeinschaft der Sünder, die aber ein großes Ziel hat und dazu sehr gut von Jesus ausgestattet ist…
Gut, nun hab ich wieder zu viel geschrieben…Ich hoffe aber, ihr könnt Euch jetzt wieder etwas mehr freuen, dass WIR Kirche sind. Es ist nämlich gut so…!

Donnerstag, 20. März 2014

Aus MINUS wird PLUS...Der Kreuzweg


Zum dritten Fastensonntag, 23.03.2014

 

Heute gibt es mal keine langweiligen Gedanken zu den Lesungstexten, sondern mal einen Filmtipp (und ein paar Gedanken zum Kreuz).
Ja, richtig gehört: geht mal ins Kino oder wartet bis es ihn auf DVD gibt (alles andere bewerbe ich hier nicht öffentlich J ). Der Film „Kreuzweg“ ist am Donnerstag in den Kinos angelaufen, ein Film, preisgekrönt von der Berlinale, welcher schon vor seinem Erscheinen hitzige Diskussionen verursacht hat.
Im Film geht es um ein 14jähriges Mädchen, Maria, welches in einem traditionalistischen Glaubensumfeld aufwächst und besonders durch ihre Mutter und einen Priester mit sehr strengen Glaubens- und Sittenregeln konfrontiert wird. Das junge Mädchen gerät in einen sich immer weiter zuspitzenden Konflikt zwischen ihrem typischen Teenagerleben (erstes verliebt sein usw.) und ihrer engstirnigen Glaubenserziehung. Am Ende eskaliert der Konflikt immer mehr…der Titel des Films verrät, was am Ende kommt.´
 
Ich werde mir den Film demnächst ganz anschauen, bisher konnte ich nur kurze Ausschnitte sehen und habe einiges darüber gelesen, aber allein das beschäftigt mich schon sehr. Ich konnte im Laufe meines Studiums Menschen kennenlernen, die ganz ähnlich lebten. Für manche war alles, was nicht mit Kirche und Glaube zu tun hatte schlecht und musste gemieden werden, sehr zum Leidwesen ihrer selbst, wie ich meine. Kurzum: ein falsches Verständnis von Glaube, kirchlichen Geboten und Lehraussagen kann gewaltig nach hinten losgehen, auf gut deutsch: das Leben versauen! Zum Glück hatte es bisher bei niemandem so krasse Folgen wie im Film, aber es hat mich immer sehr bedrückt und es war anfangs sehr schwierig für mich, damit umzugehen.

Mich führt das dazu, mir über den Kreuzweg, also das Leiden und Sterben Jesu gründlicher Gedanken zu machen. Ich sehe den Kreuzweg von der Bibel her als eine Liebestat Jesu. Jesus ist wegen der Sünden der Menschen gestorben. Ja. Jesus hat auch meine Sünden getragen. Ja. Aber: Jesus liebt mich und dich, deswegen tut er das. JA! Deshalb ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, den Kreuzweg Jesu im Lichte seiner Liebe zu uns zu deuten. Nach dem Kreuz kommt die Auferstehung. Jesus ist für uns am Kreuz gestorben, damit Ostern werden konnte, damit für jeden von uns nach unserem Sterben (wo sicher auch Leid dabei sein wird) Ostern nicht mehr aufhört. Das ist der Sinn des Kreuzes.
Nun doch noch eine Stelle aus einer Sonntagslesung: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen“ (Röm 5,5). Gott liebt uns schon in dem Moment da er uns geschaffen hat. Klar, es gibt Verlockungen in der Welt, denen wir erliegen können und die uns von Gott trennen können. Und wir sind herausgefordert, diese zu meiden. Die Gebote Gottes sind wichtig. Vor allem aber ist wichtig zu wissen: Gottes Liebe steckt in dir drin, Jesus nimmt dich ernst und liebt dich so wie du bist. Und: er verzeiht dir und er tut es gern, wenn du zu ihm kommst.
Der Film zeigt auf beklemmende Weise, dass Glaube schief gehen kann…nämlich dann, wenn die Theorie, die Lehre über dem Menschen steht. Umgekehrt ist es richtig: die Lehre der Kirche soll Hilfsmittel für den Glauben der Menschen sein.

Für den Umgang mit dem Kreuz hilft vielleicht eine Bild: Der Balken, den Jesus bis zum Berg Golgota trägt ist das MINUS der Welt, es steht für das Leid, für die Sünde…Als Jesus am Kreuz stirbt und dann zur Auferstehung gelangt ist das Kreuz zum PLUS geworden…zum Zeichen der Liebe Gottes zu uns. Ich denke, so darf man das Kreuz sehen.
Schaut euch einfach mal in der Kirche oder zu Hause das Kreuz an…und ein kurzes Gebet hilft Euch vielleicht dazu:

Jesus.
Ich sehe dein Kreuz…
manchmal verstehe ich es nicht…
Aber ich will dir vertrauen…
Dein Kreuz ist als Zeichen deiner unendlichen Liebe zu uns aufgerichtet…
Lass mich darin leben.
Amen.
 
 
 
(Außenkreuz auf dem Erfurter Domberg)

Samstag, 15. März 2014

Wer ist Jesus für mich?


Zum zweiten Fastensonntag, 16.03.2014

Am heutigen Sonntag stellt uns das Evangelium (Mt 17, 1-9) eine merkwürdige Szenerie vor Augen: Jesus geht mit den Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes auf einen Berg, wo die Jünger Jesu Zeuge einer Offenbarung werden. Jesu Gesicht beginnt zu leuchten und sie sehen Jesus gemeinsam mit Mose und Elija reden. Aus einer plötzlich auftauchenden Wolke tritt eine Stimme hervor, welche augenscheinlich von Gott dem Vater stammt und Jesus als seinen geliebten Sohn ausweist. Dies nennen wir im theologischen Sprachgebrauch die Verklärung des Herrn. Das Mose und Elija hier dabei stehen ist kein Zufall: Jesus steht auf einem Berg, auf dem Gottesberg Horeb empfing Mose das Gesetz, die 10 Gebote und der Prophet Elija setzt sich mit dem König Ahab auf dem Berg Karmel auseinander und weist den Gott Israels als den wahren, einzigen Gott gegenüber den Baalspropheten aus. Gesetz und Prophetie, die beiden großen Säulen des Alten Testamentes fließen in der Person Jesu Christi zusammen, das, worauf Gesetz und Propheten hingewiesen haben erfüllt sich nun in Jesus. Das meint, wenn das Evangelium von der Wolke, aus der die Stimme des Vaters spricht, kommt und Jesus als Sohn Gottes ausweist.
Interessant ist wiederum, was Jesus zu den Jüngern sagt, als sie vom Berg herabsteigen: Sagt niemandem, dass ich der Sohn Gottes bin, erst wenn ich von den Toten auferstanden bin. Wieder stellt Jesus die Jünger und damit auch uns, vor die unausweichliche Realität: Erst nach dem Leid und dem Sterben kommt die Auferstehung und das ewige Leben. Es führt kein Weg daran vorbei. Jeder kennt dieses Dilemma, nicht wenige (ich kenne einige und ihr sicher auch!) kommen damit nicht klar: Warum muss ich sterben, warum ist mein Leben begrenzt? Muss das sein? Wieso gibt es Leid, warum muss ich leiden? Warum müssen meine Lieben, meine Freunde leiden? Warum gibt es das ewige Leben nicht jetzt schon, wieso kommt, wenn es denn sowas überhaupt gibt, dieses ewige Leben erst nach dem Tod?
Fertige Antworten finden wir freilich nicht…Und daran kann man, wenn man es ernst nimmt, verzweifeln. Es bleibt eine Glaubenssache. Und glauben heißt zum Schluss immer auch vertrauen. Traue ich es Jesus zu, dass er in seinem Sterben mir den Weg zum neuen Leben erschlossen hat? Vertraue ich Jesus? Glaube ich daran? Ist es mir ernst damit?

Ich mache jetzt keine weiteren Auslegungen, sondern will diesen Sonntag und diese zweite Fastenwoche mit diesen Fragen überschreiben, denen wir uns ruhig stellen sollten:

- Wer ist Jesus für mich? Ist er für mich einfach nur ein inspirierender Mensch, der soziale Revoluzzer, der gegen das Establishment seiner Zeit protestiert hat? Oder ist er der Sohn Gottes, der mir das neue Leben erschlossen hat?

- Traue ich es Jesus zu, dass er mich liebt und diese Liebe das ganze Leben hält, ja selbst durch den Tod hindurch? Glaube ich das? Oder blende ich dies eigentlich aus?

Vielleicht denken wir in dieser Woche einfach mal darüber nach. Auch wenn es sicher irgendwie unangenehm ist und weh tut. Es muss sein, weil diese Fragen unausweichlich sind.
Übrigens: man muss diese Fragen, diese Themen zwar auch mich sich ausmachen, aber nicht nur…wir sind als Kirche Brüder und Schwestern…eine Gemeinschaft! Ich würde mir wünschen, dass wir über sowas öfter und freier sprechen würden. Da können wir uns von unseren Geschwistern in den evangelischen und freikirchlichen Gemeinden einiges abgucken!

P.S.: Am nächsten Sonntag ist viel los! In Crimmitschau ist Gemeindesonntag. Um 10.15 Uhr im Gottesdienst führen wir unser neues Gotteslob ein und singen das erste Mal daraus. Außerdem nehmen wir eine weitere Taufbewerberin auf und wollen für sie beten und sie segnen. Beim anschließenden Gemeindesonntag im Piusheim geht es um das Thema „Berufung“. Keine Angst, es ist keine Werbeveranstaltung für Priester- und Ordensnachwuchs. Wir wollen uns der Frage nach Berufung ganz grundlegend stellen, weil jeder von uns von Gott gerufen ist. Fürs leibliche Wohl ist auch gesorgt. Herzliche Einladung und bringt Euren jugendlichen Schwung mit! J

Mittwoch, 12. März 2014

Wozu brauche ich den Papst...?


Zum Jahrestag der Wahl von Papst Franziskus, 13.03.2014


Heute feiert ein ziemlich cooler Typ in Rom den Jahrestag seiner Wahl: Viele erinnern sich bestimmt noch gut an den 13.03.2013, als der vormalige Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Kardinal Bergoglio zum Papst gewählt wurde. Ein Jesuit, ein Lateinamerikaner und dann noch der Name: Franziskus (da waren besonders die Crimmitschauer Katholiken ganz verzückt ;-)). Getoppt wurde und wird das alles noch von Franziskus‘ Auftreten, Lebensbeispiel sowie Sprechen und Handeln. Nach dem Professoren-Papst Benedikt XVI. (den ich übrigens auch sehr schätze und der auch ein großer Papst war…dazu aber vielleicht ein andermal mehr) nun ein echter Pfarrer als Oberhaupt der Weltkirche. Das ist alles echt toll.
Aber, und ich denke das geht vielen von Euch auch manchmal so, mich nervt die mediale (und teilweise innerkirchliche) Papstzentriertheit in Punkto katholische Kirche manchmal etwas. Denn darum geht es beim Papstamt eigentlich nicht, sondern um einen Dienst, einen zentralen, wichtigen Dienst natürlich, aber eben ein Dienst, der eine übertriebene Bewunderung und Mystifizierung nicht braucht, im Gegenteil. Sich dem am Jahrestag der Wahl von Papst Franziskus bewusst zu werden ist bester Inhalt des Fastenzeit-Tages. So wie ich Papst Franziskus (und auch vor ihm Papst Benedikt XVI.) verstehe, ist das auch dessen Wunsch.

Wozu ist das Papstamt da?
Die Kirche ist auf einem einzigen Grund gebaut: auf Jesus Christus. Die zwölf Apostel sind die ersten Zeugen und Boten der frohen Botschaft Jesu gewesen und trugen diese Botschaft in die Welt, das tun sie bis heute. Denn die Bischöfe verstehen sich als Nachfolger der Apostel, deren Sendungsauftrag uns bis zu Christus selbst zurückführt. Der Bischof als Gesandter Christi in der konkreten Ortsgemeinde, bei uns eben die Ortskirche Dresden-Meißen mit Bischof Dr. Heiner Koch, führt die Kirche in seinem Hirtendienst auf den Ursprung in Christus zurück und hat in seinem Dienst dafür zu sorgen, dass alles kirchliches Leben und Handeln in Einheit von diesem Ursprung her ausgeht und auch wieder dorthin geht. Das tun übrigens über 2000 Bischöfe auf der ganzen Welt (bei uns in Deutschland 27 Bischöfe in den Bistümern), und genau das tut der Papst als Bischof von Rom. Natürlich versteht sich der Papst als Nachfolger des Apostels Petrus, dem Christus die Sorge um die Kirche im Besonderen anvertraut hat: „Du bist Petrus, der Fels, auf dem ich meine Kirche bauen will“ (vgl. Mt 16,18f.). Die Leitung der Weltkirche kommt für den Bischof von Rom zusätzlich zu seinem Bischofsamt hinzu, aber in Gemeinschaft mit allen Bischöfen auf der Welt. Der Bischof von Rom ist das Haupt des Bischofskollegiums, Erster unter Gleichen gewissermaßen, natürlich mit weiteren Befugnissen usw. Aber das ist wichtig zu bedenken: Die Kirche ist eine Gemeinschaft, und das gilt auch für deren Bischöfe. Der Papst soll die Kirche mit den Bischöfen gemeinsam in der Einheit bewahren und leiten. Und zu Christus führen, darauf kommt es an. Wenn ich mir so die Berufungsgeschichte des Petrus im Johannesevangelium (Joh 21,15-19) durchlese, dann ist da nicht die Rede von den in den Medien so oft zum Maximum erhobenen Eigenschaften für den Petrusdienst (liberal, konservativ, sprachgewandt, durchsetzungsfähig usw.). Nur ein Kriterium nennt der auferstandene Christus für den Hirtendienst des Petrus: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ und erst dann der Auftrag: „Weide meine Schafe“. Und der Herr fragt Simon Petrus dreimal und beim dritten Mal antwortet Petrus fast schon resigniert, ja demütig: „Herr du weißt alles, du weißt, dass ich dich liebe!“ Darum geht es im Petrusdienst: Den Herrn zu lieben und gemeinsam mit der ganzen Kirche dem Herrn nachzufolgen und Ihn in der Welt zu bezeugen. Die Kirche muss in allem was sie sagt und tut (ja jeder Christ muss das!) immer auf den Herrn verweisen. Das tut der Papst in seinem Dienst und das tut er mit der ganzen Kirche, die sich wesentlich in den Ortskirchen verwirklicht und durch den Dienst des Papstes in der Liebe Christi gemeinsam den Weg geht. Das ist der Sinn des Papstamtes. Nicht mehr und nicht weniger.

Am heutigen Tag dürfen wir durchaus dankbar auf die bisherige Amtsführung von Papst Franziskus schauen und für ihn beten, dass er in diesem Dienst des Christus-Zeugnisses und der Einheit stark bleibt.

Samstag, 8. März 2014

Die Sache mit der Versuchung...


Zum ersten Fastensonntag, 09.03.2014


 
Die Lesungstexte des ersten Fastensonntags sind inhaltlich sehr reich, man könnte wirklich lange Betrachtungen darüber anstellen, aber das ist nun wirklich nicht Sinn des Blogs. Deshalb beschränke ich mich auf zwei Aspekte aus dem heutigen Evangelium (Mt 4, 1-11).

Dabei werden wir Zeugen einer irgendwie doch recht verwirrenden Szenerie: Jesus geht in die Wüste und fastet dort 40 Tage und Nächte, woraufhin er vom Teufel in Versuchung geführt wird. Ausgerechnet Jesus, der Sohn Gottes sieht sich vom Teufel in Versuchung geführt…wie kann das sein?

Dieser Umstand kann uns klar machen: Jesus war Gottes Sohn und zugleich Mensch, so wie wir! Er hat so gelebt, gelacht, sich gefreut, geweint, gelitten, ja selbst so gestorben ist er wie wir Menschen. Mich tröstet das immer doch irgendwie, und hilft mir auch beim Beten, weil ich darauf vertrauen kann, dass unser Gott kein ferner, ungreifbarer Gott ist. Nein, Jesus weiß, was uns auf dem Herzen liegt, was uns bewegt, freut, belastet…er kennt das selber, gut zu wissen, oder! Jesus kannte auch die Versuchung, so wie wir sie alle kennen. Also, vertrauen wir uns ihm damit ruhigen Gewissens an.

Klar ist aber vom Evangelium her auch: Jesus wiedersteht den Verlockungen des Satans. Und das verlangt er auch von uns. Jetzt sagen manche vielleicht: Naja klar, er konnte wiederstehen, weil er nun mal auch Gott ist. Ja, aber dran denken: er war auch Mensch, vom Scheitel bis zur Sohle ganz Mensch. Das heißt: das Wiederstehen ist möglich, auch wenn einiges dazugehört.

Die Versuchungen des Teufels, denen sich Jesus ausgesetzt sieht und wiedersteht führen uns in sehr existenzielle Aspekte unseres Gottesbildes hinein. Mir persönlich ist ein Aspekt sehr vor Augen getreten, nämlich die Frage nach der Allmacht Gottes. Der Teufel versucht Jesus hier, indem er ihn mit dem Leid und der Herrschaft konfrontiert. Wir alle kennen dieses Dilemma vor dem wir selber oft stehen und nicht selten durch andere damit konfrontiert werden: wie kann Gott allmächtig sein, uns lieben, ja überhaupt existieren angesichts des Elends?
Das, was Jesus uns hier antwortet verstehe ich so:

„Mach diese Steine zu Brot!“: Der Teufel fordert Jesus im Angesicht seines Hungers heraus, seine Macht dazu einzusetzen, seinem Hunger ein Ende zu bereiten. Ja, das könnte Jesus bestimmt, und das wäre doch was! Man stelle sich mal vor, es wäre möglich, dass so der Hunger auf der ganzen Welt ausgerottet würde…Jesus reagiert aber anders: nicht nur auf das Brot kommt es an, sondern auf jedes Wort Gottes. Heißt konkret: es geht nicht nur um das Materielle, sondern auch um das, was in die Tiefe geht.  Frag dich einfach einmal selbst: Was brauchst du zum Leben, wirklich zum guten, gelingenden Leben? Weit mehr als Nahrung…Und frag dich: kannst du dir das, was zum guten Leben notwendig ist, selbst geben?

Nein, ich kann mir zum Beispiel Liebe nicht selber geben, die wird mir von anderen geschenkt. Das impliziert natürlich Bedürftigkeit und fordert Vertrauen auf Gott heraus. Ein Aspekt für unsere persönliche Fastenzeit kann auch heißen: konzentriere dich nicht so sehr auf das, was du machen kannst, so sehr das auch zum Leben dazugehört. Konzentriere dich auf deine eigentlichen Lebensquellen, die ganz sicher bei Gott liegen!

„Das alles ist dir gegeben“: sagt der Teufel zu Jesus, wenn er nur ihn anbeten würde. Er könnte Jesus zum Herrscher aller Reiche machen. Doch Jesus entgegnet ihm barsch: „Weg mit dir Satan!“ Jesus bleibt da, wovon der Satan ihn abbringen will: bei Gott, seinem Vater. Damit sagt Jesus uns klar: setzt Euer Vertrauen nicht in das irdische Herrschen, sondern in das Herrschen Gottes. Und wie sieht das aus? Hier hilft der Blick auf eine andere Stelle im Evangelium. Petrus wollte nicht, dass Jesu den Weg des Kreuzes geht. Er wollte, dass Jesus das Gottesreich anders aufbaut, als durch sein Leiden. Vielleicht dachte er an ein tolles politisches Programm, an eine große Machtdemonstration, sogar an die Wohlfahrt aller? Und was entgegnete ihm Jesus? „Weg mit dir, Satan!“ (Mt 16,23). Derselbe Wortlaut zu Petrus, der natürlich nicht der Teufel war, aber Jesus sagt konkret: Du willst dass, was die Menschen wollen, mir geht es aber um den Willen des Vaters, der die Erlösung der Welt will. Das ist die Gottesherrschaft: die totale Hingabe für die Menschen, der Dienst. Nicht das Herrschen, wie Menschen es tun. Ist das nicht irgendwie doch logisch? Wir alle wissen es doch genau! „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben hingibt für seine Freunde“ sagt Jesus an anderer Stelle (Joh 15,13). Wann sind Ehen, Beziehungen, Freundschaften, überhaupt das Zusammenleben gut? Bestimmt nicht, wenn einer über den oder die anderen bestimmt. Nein, wenn die gegenseitige Liebe und Zuwendung zum Sich-Schenken wird, nur dann kann Zusammenleben gelingen. Jesus ging für uns, für dich und mich ans Kreuz. So wird die Welt erlöst, durch den Dienst, der zutiefst liebende Zuwendung ist. Wie oft wünschen wir uns, dass Gott als der starke Herrscher auftreten würde, dass er mit harter Hand alles Unrecht ausrotten würde…Aber so ist es mit Gott nicht. Wenn ich wirklich glaube, dass Jesus Gottes Sohn ist, dann muss mir in seinem Beispiel klar sein: Nur Liebe, die zum Äußersten geht kann Hass und Unrecht überwinden. Nicht die großen Diktatoren haben mit ihren Heilsversprechen, welche aus Klingen, Bomben und Verfolgung bestanden und bestehen, die Welt erlöst. Das tut der, der sein Blut aus Liebe zu uns am Kreuze vergossen hat.

Klar, abseits aller romantischen Worte, dass ist hart und folgenreich. Aber das Evangelium sagt nichts anderes: Macht gibt es nur durch das Dienen, und es gibt keine Macht, die ohne Aufopferung für den Nächsten auskommt.

Die Versuchungen Jesu und seine Reaktionen darauf sind vielleicht auch für uns so eine Art Spiegel, wie ich selber zu Gott und seinem Handeln stehe. Halten wir uns den Spiegel ruhig mal vor und schauen wir mal…Ein Spiegel hilft uns ja bekanntlich, manches klarer zu sehen.


P.S.: Wer dem Ganzen gerne mal auf andere Weise nachgehen will. Lest mal die Stelle aus dem Evangelium und anschließend das 5. Kapitel („Der Großinquisitor“) von „Die Brüder Karmasow“ von Dostojewski …;-)