Samstag, 12. April 2014

„Hosanna“ und „Kreuzige ihn“…Der Triumph liegt im Tod!


Zum Palmsonntag, 13.04.2014

Beginn der Heiligen Woche


Der Palmsonntag ist ein sehr spezieller, eigenartiger Tag. Er ist liturgisch von zwei sich auf den ersten Blick entgegenstehenden Punkten gekennzeichnet: da ist am Anfang der feierliche Einzug Jesu in der heiligen Stadt Jerusalem, ein wirklicher Triumphzug. Die Menge huldigt dem König, ihrem ersehnten Messias und ruft ihm zu „Hosanna dem Sohne Davids“! (Der Ruf „Hosanna“ heißt übersetzt so viel wie „Hilf doch, Herr!“). Und schon hier in diesem feierlichen Einzug ist das erste Paradox, denn Jesus reitet nicht in triumphalistischer Manier ein, sondern zieht auf einem Esel, und noch dazu auf einem so nebenbei hergeschafften Tier, in Jerusalem ein. Und dann hören wir im Gottesdienst neben dem Einzug Jesu in Jerusalem ein weiteres Evangelium. Die Passion Jesu, das Leiden und Sterben. Der Ruf schwingt vom fröhlichen „Hosanna“ um in das aggressive „Kreuzige ihn!“. Gegensätzlicher geht es kaum.

Aber, zum einen weiß die Kirche natürlich, warum sie das so hält. Der einzige Triumph, der am Ende der Karwoche steht ist der Triumph über den Tod, und den erringt uns Jesus durch sein Leiden und Sterben. Für mich steht diese eigenartige Liturgie aber sinnbildlich für etwas sehr aktuelles, bezogen auf unsere Kirche. Genauer gesagt kommen mir hier zwei Herausforderungen für uns in den Sinn, die wir vielleicht mit in die Karwoche nehmen können.

Der erste Gedanke: Zu unserer Überzeugung stehen. Damit meine ich unseren Glauben. Interessant ist es ja, dass das Volk von Jerusalem Jesus wie einen König, als den erhofften Retter begrüßt, ihm Palmen streut und ihm Jubelrufe zuruft. Und wer ist es denn, der dann später in der Passion schreit „Ans Kreuz mit ihm!“ „Kreuzige ihn!“? Es sind nicht irgendwelche neuen Akteure im Geschehen, es ist dasselbe Volk, welches Jesus gerade noch Jubelrufe zugerufen hat. So kann die Stimmung umschlagen. Vom Jubel in den Tod. Krass, oder? Mich persönlich wundert es gerade angesichts dieser Feststellung immer wieder, was für ein festgefahrenes Muster das im menschlichen Denken und Handeln ist. Heute top, morgen Flop, eben hui, nun pfui…Wer heute in unserer Gesellschaft up to date ist, kann bereits morgen das Gespött der Menschen sein…Erleben wir das nicht in der großen Politik und Gesellschaft, und auch in unserem Alltag. Verfallen wir nicht selbst oft in solche Muster? Und wenn wir ehrlich sind, geht es uns nicht auch mit unserem Glauben, unserem Bekenntnis zu Christus so? Hängen wir nicht in vielen kleinen Situationen unsere Fahne nach dem günstigsten Wind auf? Wenn Christ-Sein in der Meinung der Mehrheit uncool ist, mit Spinnern und Fundamentalismus zu tun hat…da braucht es Mut sich als Christ zu bekennen und eben „anders“ zu sein. Zugespitzt formuliert: in der geschützten Bastion der Kirche Christus zu jubeln und zu huldigen, dass fällt uns natürlich leicht. Aber außerhalb, im rauen Wind der Öffentlichkeit zu Christus zu stehen, das verlangt uns viel ab, und wir drohen oft dabei zu scheitern und uns lieber wegzudrückend. Mit dem konfrontiert mich der Palmsonntag und die ganze Karwoche. Aber es ist eine echte Chance. Zum Beispiel auch, wenn wir am Gründonnerstag nicht Party machen gehen, sondern mit Jesus im Abendmahlsaal sitzen und im Ölberg verweilen und beten. Oder wenn wir den Karfreitag nicht nur als passenden freien Tag verstehen, sondern als Leidens- und Sterbetag Jesu feiern und da bewusst auch strenges Fasten halten. Probiert es bewusster als sonst mal aus!

Der zweite Gedanke: Der Triumphhaltung wiederstehen. Jesus reitet auf einem Esel ein. Ein Esel ist nun kein typisches Tier für einen König, es ist kein Prachttier, auch kein Ross mit dem man in den Krieg ziehen kann (dazu ist dieses Tier viel zu störrisch). Was ist das für ein König, der auf einem Esel reitet? Jesus gibt die Antwort in der Passion: „Mein Königreich ist nicht von dieser Welt“ (vgl. Joh 18,36). Es geht nicht um irdisches Herrschen, es geht um mehr, und deshalb um nichts, was mit einem gewöhnlichen König zu tun hat. Der Tod Jesu am Kreuz gibt uns das Leben, nicht irgendeine politische oder gesellschaftliche Macht. Der einzige Triumph den wir am Ende der Karwoche haben ist der Triumph über den Tod! Und das ist alles. Es ist wirklich alles! Aber das hat nichts mit dem Triumph zu tun, den wir hier kennen, das ist ganz etwas anderes. Es steht uns deshalb gut an, in Bescheidenheit diesen Triumph zu feiern. Natürlich: selbstbewusst, wir haben keinen Grund uns zu verstecken, aber ohne jegliche Gefühle einer triumphierenden Überlegenheit gegenüber „den Anderen“. Das ist es nicht, worum es Jesus ging. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich erneut wiederhole und es zunehmend schmalzig klingt. Jesu Opfer am Kreuz ist Ausweis seiner Macht und diese Macht, welche den Tod überwindet ist Liebe. Jesu Liebe zu dir, zu mir, zu jedem von uns und allen Menschen! Wir sind durch die Liebe Jesu erlöst und nicht durch Gewalt und politischen Einfluss. Und so müssen wir auch diesen Triumph Jesu über den Tod begehen: in selbstbewusster, offener Demut, welche von Jesu Liebe zu den Menschen zeugt.

Mir scheint gerade angesichts der schlimmen Erfahrungen für die Kirche in den letzten Jahren (Missbrauchsskandal, Limburg usw.), dass diese Einsicht mehr als Not tut. Die Kirche ist kein Selbstzweck um gesellschaftlichen Einfluss geltend zu machen. Die Kirche ist dazu da, von der Liebe Jesu zu sprechen und diese Botschaft vernehmbar zu verkünden (das dies die Gesellschaft positiv beeinflussen kann ist unbestritten und sicher positiv). Aber ein Erscheinungsbild, eine Sprache und Ausdrucksform, was als Relikt vergangener Epochen wahrgenommen wird ist da nun wirklich nicht angebracht.

Sich dieser Spannung zu stellen, dazu lädt uns dieser Palmsonntag ein.
Merkt ihr was? Es geht auf Ostern zu. Auf uns wartet eine volle und intensive Woche, ich freu mich drauf (ich hoffe gemeinsam mit Euch!).

 
P.S.: Dass diese Woche intensiv ist merkt ihr auch dran, dass nun öfter als gewohnt Beiträge kommen. Der nächste bereits morgen. Da kann man erfahren, was die Karwoche mit Öl zu tun hat ;-)

Giotto di Bondone Einzug Jesu in Jerusalem (Detail) Fresko in der                            Capella Scrovegni-Kapelle in Padua, ca.1304-1306

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