Zum Palmsonntag, 13.04.2014
Beginn der Heiligen
Woche
Der
Palmsonntag ist ein sehr spezieller, eigenartiger Tag. Er ist liturgisch von
zwei sich auf den ersten Blick entgegenstehenden Punkten gekennzeichnet: da ist
am Anfang der feierliche Einzug Jesu in der heiligen Stadt Jerusalem, ein wirklicher
Triumphzug. Die Menge huldigt dem König, ihrem ersehnten Messias und ruft ihm
zu „Hosanna dem Sohne Davids“! (Der
Ruf „Hosanna“ heißt übersetzt so viel wie „Hilf doch, Herr!“). Und schon hier
in diesem feierlichen Einzug ist das erste Paradox, denn Jesus reitet nicht in
triumphalistischer Manier ein, sondern zieht auf einem Esel, und noch dazu auf
einem so nebenbei hergeschafften Tier, in Jerusalem ein. Und dann hören wir im
Gottesdienst neben dem Einzug Jesu in Jerusalem ein weiteres Evangelium. Die
Passion Jesu, das Leiden und Sterben. Der Ruf schwingt vom fröhlichen „Hosanna“ um in das aggressive „Kreuzige ihn!“. Gegensätzlicher geht es
kaum.
Aber,
zum einen weiß die Kirche natürlich, warum sie das so hält. Der einzige
Triumph, der am Ende der Karwoche steht ist der Triumph über den Tod, und den
erringt uns Jesus durch sein Leiden und Sterben. Für mich steht diese
eigenartige Liturgie aber sinnbildlich für etwas sehr aktuelles, bezogen auf
unsere Kirche. Genauer gesagt kommen mir hier zwei Herausforderungen für uns in
den Sinn, die wir vielleicht mit in die Karwoche nehmen können.
Der
erste Gedanke: Zu unserer Überzeugung stehen.
Damit meine ich unseren Glauben. Interessant ist es ja, dass das Volk von
Jerusalem Jesus wie einen König, als den erhofften Retter begrüßt, ihm Palmen
streut und ihm Jubelrufe zuruft. Und wer ist es denn, der dann später in der
Passion schreit „Ans Kreuz mit ihm!“ „Kreuzige ihn!“? Es sind nicht irgendwelche
neuen Akteure im Geschehen, es ist dasselbe Volk, welches Jesus gerade noch
Jubelrufe zugerufen hat. So kann die Stimmung umschlagen. Vom Jubel in den Tod.
Krass, oder? Mich persönlich wundert es gerade angesichts dieser Feststellung
immer wieder, was für ein festgefahrenes Muster das im menschlichen Denken und
Handeln ist. Heute top, morgen Flop, eben hui, nun pfui…Wer heute in unserer
Gesellschaft up to date ist, kann bereits morgen das Gespött der Menschen sein…Erleben
wir das nicht in der großen Politik und Gesellschaft, und auch in unserem
Alltag. Verfallen wir nicht selbst oft in solche Muster? Und wenn wir ehrlich
sind, geht es uns nicht auch mit unserem Glauben, unserem Bekenntnis zu
Christus so? Hängen wir nicht in vielen kleinen Situationen unsere Fahne nach
dem günstigsten Wind auf? Wenn Christ-Sein in der Meinung der Mehrheit uncool
ist, mit Spinnern und Fundamentalismus zu tun hat…da braucht es Mut sich als
Christ zu bekennen und eben „anders“ zu sein. Zugespitzt formuliert: in der geschützten
Bastion der Kirche Christus zu jubeln und zu huldigen, dass fällt uns natürlich
leicht. Aber außerhalb, im rauen Wind der Öffentlichkeit zu Christus zu stehen,
das verlangt uns viel ab, und wir drohen oft dabei zu scheitern und uns lieber wegzudrückend.
Mit dem konfrontiert mich der Palmsonntag und die ganze Karwoche. Aber es ist
eine echte Chance. Zum Beispiel auch, wenn wir am Gründonnerstag nicht Party
machen gehen, sondern mit Jesus im Abendmahlsaal sitzen und im Ölberg verweilen
und beten. Oder wenn wir den Karfreitag nicht nur als passenden freien Tag
verstehen, sondern als Leidens- und Sterbetag Jesu feiern und da bewusst auch
strenges Fasten halten. Probiert es bewusster als sonst mal aus!
Der
zweite Gedanke: Der Triumphhaltung wiederstehen. Jesus
reitet auf einem Esel ein. Ein Esel ist nun kein typisches Tier für einen König,
es ist kein Prachttier, auch kein Ross mit dem man in den Krieg ziehen kann
(dazu ist dieses Tier viel zu störrisch). Was ist das für ein König, der auf
einem Esel reitet? Jesus gibt die Antwort in der Passion: „Mein Königreich ist nicht von dieser Welt“ (vgl. Joh 18,36). Es
geht nicht um irdisches Herrschen, es geht um mehr, und deshalb um nichts, was
mit einem gewöhnlichen König zu tun hat. Der Tod Jesu am Kreuz gibt uns das
Leben, nicht irgendeine politische oder gesellschaftliche Macht. Der einzige
Triumph den wir am Ende der Karwoche haben ist der Triumph über den Tod! Und
das ist alles. Es ist wirklich alles! Aber das hat nichts mit dem Triumph zu
tun, den wir hier kennen, das ist ganz etwas anderes. Es steht uns deshalb gut an,
in Bescheidenheit diesen Triumph zu feiern. Natürlich: selbstbewusst, wir haben
keinen Grund uns zu verstecken, aber ohne jegliche Gefühle einer
triumphierenden Überlegenheit gegenüber „den Anderen“. Das ist es nicht, worum
es Jesus ging. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich erneut wiederhole und es
zunehmend schmalzig klingt. Jesu Opfer am Kreuz ist Ausweis seiner Macht und
diese Macht, welche den Tod überwindet ist Liebe.
Jesu Liebe zu dir, zu mir, zu jedem von
uns und allen Menschen! Wir sind durch die Liebe Jesu erlöst und nicht
durch Gewalt und politischen Einfluss. Und so müssen wir auch diesen Triumph
Jesu über den Tod begehen: in selbstbewusster, offener Demut, welche von Jesu
Liebe zu den Menschen zeugt.
Mir
scheint gerade angesichts der schlimmen Erfahrungen für die Kirche in den
letzten Jahren (Missbrauchsskandal, Limburg usw.), dass diese Einsicht mehr als
Not tut. Die Kirche ist kein Selbstzweck um gesellschaftlichen Einfluss geltend
zu machen. Die Kirche ist dazu da, von der Liebe Jesu zu sprechen und diese
Botschaft vernehmbar zu verkünden (das dies die Gesellschaft positiv
beeinflussen kann ist unbestritten und sicher positiv). Aber ein
Erscheinungsbild, eine Sprache und Ausdrucksform, was als Relikt vergangener
Epochen wahrgenommen wird ist da nun wirklich nicht angebracht.
Sich
dieser Spannung zu stellen, dazu lädt uns dieser Palmsonntag ein.
Merkt
ihr was? Es geht auf Ostern zu. Auf uns wartet eine volle und intensive Woche,
ich freu mich drauf (ich hoffe gemeinsam mit Euch!).
P.S.:
Dass diese Woche intensiv ist merkt ihr auch dran, dass nun öfter als gewohnt
Beiträge kommen. Der nächste bereits morgen. Da kann man erfahren, was die
Karwoche mit Öl zu tun hat ;-)
Giotto di Bondone Einzug Jesu in Jerusalem (Detail) Fresko in der Capella Scrovegni-Kapelle in Padua, ca.1304-1306
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